La Basilica Sotteranea in Rom

Das Rätsel um das unterirdische, reich stuckierte Bauwerk der Antike

Die eingangs gestellten Fragen,

welchem Zweck dieses unterirdische, reich stuckierte Bauwerk der Antike einst diente, wie, wann und von wem es errichtet wurde, konnten bis in die Gegenwart nicht beantwortet werden. Die Gründe dafür, dass sämtliche Ansätze der Vergangenheit, die Rätsel um dieses Denkmal zu lösen, stets spekulativer Natur und damit wenig befriedigend blieben, können insbesondere in Versäumnissen und der Vorgehensweise der Archäologen gesucht  werden. Bereits bei der Entdeckung 1917, aber auch während der Sicherungsmaßnahmen in den Jahrzehnten danach, wurde das Bauwerk weder photographisch noch zeichnerisch dokumentiert oder gar vermessen. Es wurde demnach versäumt, eine solide Ausgangsbasis für jedwede weitere Überlegungen zu schaffen. Als Beispiel sei hier angeführt, dass keine Mutmaßung hinsichtlich einer ursprünglich überirdischen Lage hätte geäußert werden müssen, wenn man die Außenseite der Mauern im Zuge der Freilegung des Vestibüls 1918 untersucht hätte.  Auch während der Sicherungsmaßnahmen in den 1950er Jahren lagen große Bereiche der Außenmauern noch einmal frei, um einen neuen Zugang zu schaffen.

Doch auch hier wurde die Situation nicht dazu genutzt, das Material der Wände und Gewölbe auf seine Beschaffenheit hin zu untersuchen und so die etwaige Konstruktionsweise – ob Gusswerk hinter Bretterschalung oder in gegrabenen Schächten – festzustellen. Auch ein exaktes Bauaufmaß hätte nicht nur viele Missverständnisse und Differenzen vermeiden, sondern möglicherweise auch zu neuen Erkenntnissen führen können. Während der umfangreichen Baumaßnahmen zur Überbrückung und Abdichtung der „Basilica Sotteranea“ wären die Wand- und Gewölbestärken leicht zu ermitteln gewesen. Zudem hätte man eventuelle Bauteilanschlüsse und Nahtstellen zwischen den Gebäudeteilen von außen untersuchen können, ohne wertvolle Stuckaturen oder Malereien beschädigen zu müssen. Auch die Oberseite der Gewölbe hätte hinsichtlich einer einstigen Nutzung entscheidende Erkenntnisse liefern können, indem etwaige Wandanschlüsse einer ehemals darüber befindlichen Villa – die Mingazzini hier vermutet – sichtbar sein müssten. Die Probleme, das Bauwerk hinsichtlich seiner Nutzung und Entstehungszeit einzuordnen, rührten sicherlich zu großen Teilen daher, dass ausnahmslos alle Archäologen, die sich mit den Fragen um das rätselhafte Bauwerk beschäftigten, von der Homogenität des Ensembles – also einer zeitgleichen Entstehung aller Gebäude- und Ausstattungsteile – ausgingen. Zwar erkannte Carcopino, dass die Brüstung oberhalb des Vestibül-Oberlichts später angefügt worden war, zog jedoch keinerlei Schlüsse für die übrigen Bereiche. Ein Ansatz für eine neuerliche Betrachtung wäre demnach ein Inbetrachtziehen verschiedener Bauphasen. (...demnach, verschiedene Bauphasen in Erwägung zu ziehen.) Da Lugli wie auch Bastet bereits erkannt haben, dass das Material der Wände und Deckengewölbe, der „calcestruzzo di selce“, für eine wesentlich frühere Zeit spricht als etwa die Darstellung der Attisfiguren im Mittelschiff, liegt der Gedanke nahe, das die Bauteile aus opus caementitium wesentlich älter sind als die Ausgestaltung der Räume. Auch die Schiefstellung der Wände und Pfeiler sowie deren Maßungenauigkeiten in starkem Widerspruch zu der hohen handwerklichen Kunst der Stuckaturen sprechen dafür, dass der Raum selbst möglicherweise lange vor der Dekoration bestanden hat und lediglich umgenutzt wurde. Dieser Aspekt wurde bislang nicht in Betracht gezogen.  

Allein durch Anschauung der Materialzusammensetzung des Mörtels – wie bislang geschehen - kann schwerlich eine gesicherte Datierung erfolgen. Verschiedene moderne Datierungsmethoden könnten jedoch die Entstehungszeit der Bauteile und Gebäudeabschnitte direkt bestimmen und die Versäumnisse der Vergangenheit zum Teil kompensieren. Dazu müssten zunächst die Materialien im Labor analysiert und auf ihre Bestandteile hin untersucht werden. Sollten sich Feldspat- oder Quarzteilchen im opus caementitium befinden, so kann die „Optisch Induzierte Lumineszens“ das erhoffte Ergebnis liefern. Sie beruht auf dem Prinzip, dass durch von außen zugeführte, stimulierende Strahlungen jener Zeitpunkt bestimmt werden kann, an dem das Quarzteilchen zum letzten Mal dem Sonnenlicht ausgesetzt war. Weitere Methoden zur direkten Datierung von anorganischem Material sind die Radiolumineszens oder die Grün und Infrarot stimulierte Lumineszens, deren Prinzipien hier jedoch nicht näher erläutert werden sollen. Eine weitere Methode zur direkten Datierung von Kalkmörtel, welche im Falle der „Basilica Sotteranea“ zielführend sein könnte, wurde 1997 von Jan Heinemeier veröffentlicht.

Er wandte die bis dato nur bei organischem Material bekannte 14C-Bestimmung, die Radiokarbonmethode, erstmalig zur direkten Datierung von Eisen und Mörtel an. Prinzipiell enthalten Eisenartefakte (hier evtl. interessant für die Datierung der Bewehrungseisen) und Kalkmörtel datierbaren Kohlenstoff, der durch Zerkleinern, Sieben und fraktionierte Auflösung mittels Säure von den übrigen Bestandteilen getrennt und dann datiert werden kann. Zwar existiert für dieses Verfahren noch keine Standardisierung, jedoch zeigten Untersuchungen der Universität Erlangen und der Technischen Universität Berlin, dass die Möglichkeit zur Datierung dieser Materialien besteht. Die Methode des möglichst rückstandsfreien Herauslösens des im Mörtel eingeschlossenen Kohlenstoffs wird seit 1997 ständig verfeinert und weiterentwickelt. Sie könnte unter Umständen wertvolle Erkenntnisse zur Entstehungszeit der „Basilica Sotteranea“ liefern. Eine Materialanalyse sollte ebenso hinsichtlich eventuell während der Bauphase eingeschlossenem organischem Material erfolgen. Es ist durchaus möglich, dass sich Blütenpollen finden, die sich dann wiederum mittels der „Palynologie“ bestimmen und datieren lassen.  

In jedem Fall ist eine interdisziplinäre Sicht- und Arbeitsweise die notwendige Ausgangsbasis einer erneuten Bearbeitung der „Rätsel um die unterirdische Basilika an der Porta Maggiore“.  Das entscheidende Problem der Vergangenheit war sicherlich ein Vorgehen nach immer denselben Prinzipien und ein fortwährendes Zurückgreifen auf die Hypothesen, die im Zuge der Entdeckung aufgestellt wurden. Man konzentrierte sich zudem bislang nahezu ausschließlich auf die Interpretation der Stuckaturen und suchte Analogien zu bereits datierten Denkmälern, Reliefs oder Terracotta. Da man aufgrund der Vielfalt in Stil und Ausführung auf diese Weise eine Spanne von der hellenistischen Zeit (ab 336 v. Chr.) bis ins 4. Jh. n. Chr. erhielt, wurden häufig nur jene Motive behandelt, welche die jeweils zuvor aufgestellte These untermauern, während jene, welche ihr entgegen stehen, ignoriert oder als einmalige, besondere Ausnahme interpretiert wurden. Bastets Dissertation zeigt dieses Prinzip anschaulich und wird dafür von van Essen kritisiert. Da, je nach Forschungsschwerpunkt der Wissenschaftler, die Bereiche und Themengebiete der Betrachtungen stark differieren, wurden durch diese Vorgehensweise zum Teil polemische Diskussionen entfacht, da man sich gegenseitig immer wieder auf nicht beachtete Fakten hinwies.  

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die ausschließlich vergleichende Vorgehensweise und der Versuch Bastets, die Ausgestaltung einem Schema der pompejanischen Stile zuzuordnen, zu keinem verwertbaren Ergebnis führte. Das Ziel einer zukünftigen Bauforschung ist es, das Bauwerk in all seinen Details zu erfassen und es dazu zeichnerisch und photographisch zu dokumentieren. Durch ein Bauaufmaß mit modernen Mess- und Durchleuchtungsmethoden, mittels derer man etwa die Wandstärke oder die Lage der Bewehrungseisen bestimmen kann, wird wichtige Erkenntnisse liefern und möglicherweise zu neuen Schlüssen führen.  

Doch auch, wenn eine Bauaufnahme einschließlich einer Schadenskartierung, einer Materialanalyse und der Einsicht in Archivalien nicht alle Rätsel der „Basilica Sottteranea“ vollständig entschlüsseln sollte, ist eine solche Dokumentation hinsichtlich des fortschreitenden Zerfalls der Stuckaturen und Malereien dringend erforderlich. Sie kann neben dem bloßen Erfassen des Zustandes zur Ursachenforschung der Schäden beitragen und so helfen, dieses in Rom einzigartige, unverändert überkommene Denkmal der Antike für die Nachwelt zu sichern.  

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